Verabschiedung Pfarrer Piesche in Großentaft und Soisdorf
„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten, sie ziehen vorbei, wie nächtliche Schatten, kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen, mit Pulver und Blei – die Gedanken sind frei“.
Wie gerne würde ich diesem uralten, in den revolutionären 1848er Jahren veröffentlichten Volkslied Folge leisten: Dann könnte ich die Option der Gedankenfreiheit ziehen und müsste nicht nach Worten ringen, die der jetzigen Situation auch nur annähernd gerecht werden können …
Denn wir sind hier und heute neben der Feier der Hl. Messe auch zusammengekommen, um „unseren“ Pfarrer Ulrich Piesche offiziell zu verabschieden. The same procedere as … oder nur ein Déjà-vu? – ich habe im Juli 2016 schon einmal genau an dieser Stelle aus dem gleichen Anlass denselben Priester im Namen der Pfarrgemeinde verabschiedet. Es wäre daher ein Einfaches gewesen, denselben Text wieder zu verwenden, denn es stimmt inhaltlich fast noch alles: Wir sind nach wie vor dankbar, einen außergewöhnlichen Seelsorger kennengelernt und erlebt zu haben. Außergewöhnlich wie seine gesamte Vita, auf Menschen zugehend, einer, der – um das Johannes-Evangelium zu bemühen – wahrhaftig ist, wenn er die frohe Botschaft verkündet und auch danach lebt! Der nicht Wasser predigt und Wein trinkt, sondern vermittelt, dass Lachen und Freude ihren Platz auch im Gottesdienst haben können – mal abgesehen von frühmorgendlichen Roratemessen. Der vor allem auch die jüngere Generation erreicht, sie mit seiner unnachahmlichen Art vereinnahmt: Messdiener, Kirmesgesellschaften – wahrlich ein „Menschenfischer“, ohne Berührungsängste, der alle anspricht und in sein Boot einlädt. Gut, die Gewichtsschwankungen sind nicht mehr so auffällig, PS – mäßig hat er mit einem Skoda Octavia 4x4 Allrad aufgerüstet – wohlwissend, dass es besser ist nie schneller zu fahren, als sein Schutzengel fliegen kann. Aber er fährt ja im Namen des Herrn … So steht es zumindest auf dem Nummernschild …
Wir werden nun zum zweiten Mal wieder vieles, was uns in den letzten 2 Jahren (und damit 9 Monate mehr als beim ersten Mal) lieb und vertraut geworden ist, vermissen.
Da mir das Bild mit dem Kleinen Prinzen im gleichnamigen Roman von Antoine de Saint-Exupéry gefällt und mir ehrlich gesagt auch nichts besseres einfällt, wende ich es gerne immer wieder an: Dieser hatte sich gerade mit dem Fuchs vertraut gemacht, als die Stunde des Abschieds schlug. Beide waren sich einig, dass sie traurig sein werden, weil sie sich vermutlich nie wiedersehen würden. Da verriet der Kleine Prinz zum Trost ein Geheimnis: Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche bleibt für die Augen unsichtbar. Nur - dieses Mal wirkt der Grad der Vertrautheit aber noch eine Spur intensiver, weil das Maß der Intensität des Vertrauens exponentiell zugenommen hat. Und jetzt kommt wieder der Punkt, an dem ich gerne auf die Gedankenfreiheit zurückgreifen möchte. Weil natürlich auch spekuliert wird, warum er uns zum zweiten Mal verlässt. Die wahren Gründe kennt nur er selbst – da wollen wir mal auch seine Gedankenfreiheit respektieren. Und überhaupt: ich möchte hier einmal einen Perspektivenwechsel vorschlagen: Vielleicht liegt es zum Teil an unserem selbstverständlichen, vielleicht auch nur naiven Egoismus, denn wir sind und waren glücklich und froh über so einen tollen Priester, „me verstett enn god onn geseng konn haa au“. Und daher traurig und teilweise auch enttäuscht über seinen Weggang - ohne jedoch zu bedenken, was ihm und seiner Gesundheit gut tut und getan hat. Wer für die Ursachen der Überbelastung, den Stein des Anstoßes seiner Bitte um Versetzung die Verantwortung trägt: die Gedanken sind frei (obwohl es jetzt einmal interessant wäre, die der hier Anwesenden lesen zu können…). Aber für ihn ist es, ausgehend von seinem „Heimatort“ Lengers, die nächstliegende Option, weiterhin in seiner Funktion als Seelsorger arbeiten, dabei die Grenzen der Belastbarkeit selbst bestimmen zu können. Und im Sinne des Kleinen Prinzen denken wir dann halt in der Zukunft immer, wenn ein weißer Skoda vorüberfährt oder im Gottesdienst mal wieder gelacht wird oder jemand von Borsch, Bermbach, Buttlar oder Wenigentaft spricht oder wir selbst durch diese Ortschaften kommen, unweigerlich an Pfarrer Piesche.
Lieber Pfarrer Piesche, lieber Uli: Ich bin mir sicher, dass Du im Herzen aller Menschen aus unserer Pfarrei, die Dich kennengelernt haben, bleiben wirst. Und vielleicht kommst Du ja auch mal hier und da oder überhaupt zurück… wer weiß… aller guten Dinge sind ja bekanntlich DREI …
Für Deine weitere pastorale und private Zukunft wünschen wir Dir alles erdenklich Gute, vor allem viel Gesundheit und über allem reichlich Gottes Segen.
Als Ausdruck unserer Dankbarkeit für Dein Wirken und Deine Zeit in unserer Pfarrei, möchte ich Dir im Namen aller kirchlichen Gremien von Großentaft, Soisdorf und Treischfeld ein kleines, symbolisches Geschenk überreichen: Einen Bumerang, der kommt – wenn man ihn gut behandelt und mit ihm umgehen kann – immer wieder zurück …
Im Kuvert befindet sich noch ein Gutschein, mit dem sich die Mitglieder der Gremien von Dir persönlich verabschieden möchten.
Wir haben im Anschluss an den Gottesdienst einen Sektempfang vorbereitet, der vielleicht das persönliche Abschiednehmen etwas erleichtern kann. Es ist zwar kein Mittagessen, aber es gibt etwas zu „neiseln“, damit man das Glas Sekt oder ein Bier besser vertragen kann. Herzliche Einladung dazu!
Text: Richard Walk Bilder: Carmen Höfer-Lang, Dominik Schellenberger